Auch wir sind der Ansicht, dass die öffentliche Debatte auf Plattformen von hoher Relevanz für die Gesellschaft ist und sehen Handlungsbedarf betreffend der Sicherstellung eines offenen Diskurses nach demokratischen Prinzipien. Im Anhang untenstehend haben wir für Sie einige Grundsätze hinsichtlich einer zukünftigen Plattform-Demokratisierung formuliert.
Unterzeichnende Organisationen der Medienmitteilung:
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Grundsätze zur zukünftigen Plattform-Demokratisierung
Ein relevanter Teil des öffentlichen politischen Diskurses findet inzwischen im Internet auf Social-Media-Plattformen oder auch in Kommentarspalten von Online-Portalen herkömmlicher Medien statt. Diese Räume sind in der Regel im Eigentum von Privaten. Sie erhalten aber durch die starke und breite Nutzung durch die Öffentlichkeit einen öffentlichen Charakter. Da sich die demokratische Relevanz dieser Räume in jüngerer Zeit durch die vermehrte Nutzung gesteigert hat, ergeben sich erstmalige Fragen hinsichtlich des öffentlichen Interesses an ihnen. Nachfolgend einige Überlegungen zur Natur dieses Interesses und dessen Rahmenbedinungen.
Öffentliches Interesse überwiegt privates
Es kommt immer wieder vor, dass öffentliches Interesse das Interesse von Privaten überwiegt. An diesem Punkt steht man nun auch mit dem öffentlichen Diskursraum, den digitale Plattformen bieten. Die Relevanz solcher Plattformen für die Öffentlichkeit, genauer die Relevanz für den offenen demokratischen Diskurs ist derart, dass ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht, den demokratischen Nutzen sicherzustellen und entsprechende Gefahren für die Demokratie zu bannen. Die undurchsichtigen Interessen von Plattform-EigentümerInnen, etwa an Gewinnmaximierung oder politischer Einflussnahme, haben damit dem öffentlichen Interesse an einem offenen demokratischen Diskurs zu weichen.
Grundrechtsferne Plattform-Gestaltung bis anhin
Bis anhin lag die Situation vor, dass private Plattformen beliebige Eingriffe in die, in ihrem digitalen Raum stattfindenden Diskurse, vorgenommen haben – dies ohne juristische Notwendigkeit. Darunter fallen beispielsweise das Fördern bestimmter Themen und AkteurInnen oder das Bewerten/Zensieren von Aussagen, bis hin zum Ausschluss von DiskursteilnehmerInnen. Damit haben Plattformen verschiedentlich den Diskurs manipuliert. Aufgrund der ausserordentlichen demokratischen Bedeutung der Plattformen kam dies einer Verletzung der Grundrechte einerseits gleich (beispielsweise der Meinungsäusserungsfreiheit) und andererseits fand eine für den demokratischen Diskurs schädliche, übergrosse Einflussnahme von Privaten statt.
Plattform-Rahmenbedingungen mit strenger Bindung an die Grundrechte
Das vorliegende Gut, auf das sich das öffentliche Interesse bezieht, ist der demokratische Diskurs. Da dieser sich in öffentlich-relevanter Weise in Intensität und Extensität auf privater Infrastruktur abspielt, muss diese an unumstössliche demokratietragende Prinzipien gebunden werden – genauer an die Grundrechte der Verfassung. Das Einhalten dieser Prinzipien muss überprüfbar sein, weshalb volle Transparenz in der Gestaltung der Diskurs-Regeln seitens Plattformen zu leisten ist (Offenlegung von Quellcodes und Algorithmen).
Es werden unter anderem Stimmen laut, die Plattformen etwa zur „Regulierung“ von sogenannter „Desinformation“ verpflichten wollen. Solche und ähnliche Vorstösse stehen in diametralem Gegensatz zu jenen demokratischen Prinzipien, an welche die Diskursregeln von Plattformen gebunden werden müssen. Der durch die Plattformen bislang willkürlich und undurchsichtig manipulierte Diskurs muss ganz im Gegenteil möglichst offen werden, so dass die Grundrechte, insbesondere die Meinungsäusserungs- und Informationsfreiheit, und damit eine demokratische Debatte gewahrt sind.
Die digitale Diskurssphäre ist lediglich eine Erweiterung des öffentlichen Diskurses mittels eines zusätzlichen Mediums. Die einzige den öffentlichen Diskurs näher regulierende Basis bilden die Schranken des Rechtssystems, etwa im Bereich des Persönlichkeitsschutzes. Dies hat analog auch im digitalen Diskursraum zu gelten, wobei die Grundrechte über allem stehen.
Umsetzung
Die in diesem kurzen Text geäusserten Überlegungen sind keinesfalls abschliessend. Andere wichtige Grundsätze, wie etwa das Recht auf Privatsphäre oder Datenschutz müssen in der Demokratisierung von digitalen Diskursräumen unbedingt berücksichtigt werden.
Da sich die Plattformen in den Händen von privaten EigentümerInnen mit Sitz im Ausland befinden können, kann es schwierig sein, diese zur Ausgestaltung der Plattformen im oben beschrieben Sinne zu bewegen. In diesem Fall wäre für den Schweizer Diskursraum eine Alternative zu schaffen – im Sinne eines Service Publique – die sich streng an demokratietragende Prinzipien hält und die digitale, demokratische Debatte sichert.
Unterzeichnende Organisationen: