Ein weiterer Angriff auf die Privatsphäre – Das Betreiben eines TOR Exit Nodes wird in Österreich strafbar

Das Landesgericht für Strafsachen in Graz, Österreich hat den Betreiber eines TOR Exit Nodes der Mittäterschaft an der «strafbare Darstellung Minderjähriger» schuldig gesprochen. Bis zu diesem Urteil galt auch in Österreich die Meinung, dass die Betreiber der Infrastruktur nicht für die übermittelten Inhalte verantwortlich sind.

Dieses Urteil ist höchst frustrierend. Es zeigt erneut, dass die Rechtsprechung das Internet schlicht und einfach nicht verstanden hat; oder – noch schlimmer – es als etwas ganz und gar schlechtes ansieht. Das Gericht hat den Betreiber des Exit Nodes anhand §12 öStGB verurteilt: 

Behandlung aller Beteiligten als Täter
§ 12. Nicht nur der unmittelbare Täter begeht die strafbare Handlung, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen, oder der sonst zu ihrer Ausführung beiträgt.

Machen wir mal einen Schritt zurück. Wer einen TOR Exit Node betreibt, hat keine Kontrolle über die Daten, welche darüber laufen. Das ist der Sache inhärent. Gemäss Urteil ist die Betreibende Person dennoch dafür verantwortlich. Das entspricht in etwa der Ansicht, dass der Hersteller eines Brecheisens für den damit begangenen Einbruch verantwortlich ist. Oder der Automobilhersteller für die Geschwindigkeitsüberschreitung. Oder der Strassenbauer für die Fahrerflucht. Das ist Unsinn.
Die einzige einigermassen zulässige Analogie ist die Verantwortung eines Schusswaffenherstellers für die mit der Waffe begangene Gewalttat. Eine Schusswaffe dient keinem anderen Zweck, als der Gewaltanwendung. Und anscheinend sieht das Landesgericht Graz TOR genau in diesem Licht: ein Medium, welches ausschliesslich der Begehung von Straftaten dient.

Diese Ansicht ist falsch! Und sie ist gefährlich für den Schutz der Privatsphäre. Es gibt genügend gute, legitime Gründe, sich anonym im Internet zu bewegen: Journalisten recherchieren anonym, Eltern wollen die Privatsphäre ihrer Kinder schützen, Menschen wollen sich vor staatlicher Überwachung schützen, sie wollen der personalisierte Werbung privater Anbieter entgehen, etc.

Dieses Urteil wurde in Österreich gesprochen und ist somit für die Schweiz nicht anwendbar. Dennoch ist es wichtig, hier aufmerksam zu bleiben. Zu weit verbreitet ist die Ansicht, dass sich nur Kriminelle für ihre Privatsphäre interessieren. Auch weil sich zu viele Menschen viel zu wenig für Ihren Schutz und ihre Verteidigung einsetzen. Es ist an der Zeit, das zu ändern. Jetzt


Links:
Beitrag zum Urteil: https://network23.org/blackoutaustria/2014/07/01/to-whom-it-my-concern/
Link zum relevanten Artikel öStGB: https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Dokumentnummer=NOR12029553
Information der Electronic Frontier Foundation – EFF zu TOR: https://www.eff.org/deeplinks/2014/07/7-things-you-should-know-about-tor


Dieser Beitrag ist ursprünglich auf EthACK.org und der Seite der Piratenpartei Aargau erschienen

Unterstütze uns!

Du findest gut, was wir machen?Spende über Twint
Bitte unterstütze unsere Arbeit mit Deiner Mitgliedschaft und/oder einer Spende.
Wir freuen wir uns über einen finanziellen Zustupf!
Mit dem QR-Code kannst du über TWINT spenden.

Zahlungsverbindung:

Piratenpartei Schweiz, 3000 Bern
Postfinance Konto: 60-307660-3
IBAN: CH32 0900 0000 6030 7660 3
BIC: POFICHBEXXX
Bei Mitgliedschaftsbeiträgen gib dies bitte im Kommentar an.

Bitte beachte, dass laut Statuten Spenden von juristischen Personen oder Privatspenden über CHF 500 pro Rechnungsjahr zwecks Transparenz veröffentlicht werden.
Bei Fragen erreicht ihr den Schatzmeister unter finance@piratenpartei.ch